Truhchen 1984

„Ich brauche einen Menschen, der für mich eine Ordnung erfindet, nach der man handeln kann. Leider gibt es bei mir Bücher, die weder in die eine noch in die andere Kategorie passen. ‘Hoffentlich kommst du nicht auf die Idee, in mir einen solchen Systematiker zu suchen.’ “

Die hier abgedruckten [wieviele?] Blätter lagern in einer vom Photokopiergeschäft mitgebrachten und später von H. A. Schaarwächter beklebten und (ursprünglich einfach mit "Truhe") betitelten Pappschachtel, die 2500 Blatt hätte aufnehmen können. Ich erlaube mir hier, die einzelnen Daten, an denen jeweils neue Seiten begonnen wurden, einfach einander folgen zu lassen. Offensichtliche Schreibfehler, auch bei der Datierung und damit der Reihenfolge der Seiten, wurden stillschweigend korrigiert. Daß ich auch den eigentlichen Namen von H. A. Schaarwächters Gattin (häufig mit 'G.' abgekürzt) und Sohn wiederherstellte (in den Typoskripten lautet er 'Eduard', obgleich er ihn gerne 'Peter' nannte), mag als Eigenmächtigkeit meinerseits aufgefaßt werden. Die Aktualisierung der Orthographie, bei der mir H. A. Schaarwächter schon in den Jahren bis 1983 zu folgen bereit war, wäre gewiß gebilligt wenn nicht gar begrüßt worden, ebenso die Vervollständigung der Zeichensetzung.
Im übrigen muß ich mich gegen eine Stupidifizierung meiner Person energisch verwahren, so nahe mir H. A. Schaarwächter gestanden hat und so großen Einfluß er auf meine Entwicklung genommen hat. Vorwürfe, ich habe ihn zu selten besucht, muß ich mit einem Hinweis auf meine eigenen Verpflichtungen der Schule und der Klavierlehrerin gegenüber beantworten, und überdies sollte doch - so finde ich - gerade einem jungen Menschen die Möglichkeit eines gewissen Privatlebens, des Aufbaus eines eigenen Freundeskreises gegeben sein. Ich kann versprechen, daß ich nicht im Parterre saß und mich anderweitig beschäftigt habe, ohne die (nicht als solche angesehenen) Verpflichtungen H. A. Schaarwächter gegenüber aus den Augen zu verlieren. überdies war mir nicht bewußt, welch enorme Bedeutung meine Gesellschaft für H. A. Schaarwächter besaß, so daß ich es für ausreichend ansah, den größten Teil des für mich ruhigeren Sonntags mit ihm zu verbringen. Ich muß ganz offen zugeben, daß ich seine Gesellschaft ansonsten gelegentlich als anstrengend empfand - nicht von der intellektuellen Seite her, sondern durch seine (verständlichen) Erwartungen, die mir durchaus direkt vermittelt wurden und leider wenig Rücksicht auf meine eigene Entwicklung nahmen.
Hier ist nicht der Ort, Leben und Werk H. A. Schaarwächters auf der Literaturwaage zu analysieren, nur eine kurze Anmerkung sei hier erlaubt: bei manchen Theaterstücken lassen sich durchaus Vorlagen nachweisen, wenngleich sie vielfach tatsächlich nur in Ansätzen wörtlich aus anderen Werken hergeleitet sind ("Ubalda, rette Ugo!" vs. Victorien Sardous "Tosca"; "Stilicho, letzter Heerführer der Römer" vs. Edward George Bulwer-Lyttons "Rienzi, der letzte der Tribunen"; "Das Spiel vom lächerlichen Zwist" vs. Georg Büchners "Leonce und Lena"); formale und stilistische Vorbilder jedoch gibt es insgesamt zur Genüge.


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